Der
tapfere kleine Schmetterling
In einem Wald lebten zwei Zwerge. Der eine hieß Zwack und der
andere Zwick. Sie waren Brüder. Zwack war ein sehr braver und guter Zwerg,
aber sein Bruder, der Zwick war oft böse und machte viele dumme Streiche.
Als beide Zwerge wieder einmal im Wald spazieren waren, sah Zwick einen
schönen, kleinen Schmetterling, der ein kleines Körbchen mit Blütenstaub bei
sich trug. Zwick packte den Schmetterling an einem Fuß, sodass er nicht mehr
weiterfliegen konnte. "Wo willst du hin?", fragte Zwick. "Nach Hause zu
meiner Familie", antwortete der kleine Schmetterling ängstlich. "Lass mich
los, du tust mir weh", flehte er.
Aber Zwick lachte und zog ihn an seinem Beinchen im Kreise herum, bis der
kleine Schmetterling sein Körbchen mit dem Blütenstaub verlor. Dann ließ er
ihn wieder frei. Aber der kleine Schmetterling war so verwirrt, dass er gar
nicht mehr richtig in die Luft fliegen konnte. Das freute den bösen Zwerg
Zwick und er packte ihn noch einmal an seinem Beinchen und zog kräftig
daran. "Du bist böse", jammerte der kleine Schmetterling. " Das werde ich
meiner besten Freundin der Biene erzählen. Die wird dich dafür bestrafen",
sagte der kleine Schmetterling weinend.
Zwick lachte und ließ den kleinen Schmetterling am Boden liegen. Sein Bruder
schimpfte sehr mit ihm, weil er oft so böse zu anderen Tieren war. "Du
darfst keine anderen Tiere quälen", sagte Zwack, und wenn es der
Schmetterling seiner Freundin der Biene erzählt, wird es dir schlecht
gehen." Aber Zwick lachte nur.
Am nächsten Tag hatte sich der Schmetterling wieder erholt und flog so
schnell er konnte zu seiner Freundin, der Biene und erzählte ihr die ganze
Geschichte. "Ich werde ihn bestrafen", sagte die Biene, "fliege du nur nach
Hause und erhole dich". "SSSSSSSSS" und schon flog die Biene los. Sie wusste
ja wo die zwei Zwerge wohnten.
Beide, Zwick und Zwack, saßen vor ihrer Hütte auf der Bank und unterhielten
sich. Plötzlich stürzte sich die dicke Biene wie ein Blitz auf die Nase des
bösen Zwerges und stach ihn mit ihren langen Stachel
hinein. Zwick schrie
ganz laut: "Meine Nase, meine Nase, die Biene hat mich gestochen, aua, aua,
aua". Zwack erschrak fürchterlich, nahm seinen Bruder an die Hand und zog
ihn mit geschwollener Nase zum Walddoktor.
Als sie an der Höhle vom Doktor Bär ankamen, war Zwicks Gesicht gar nicht
mehr zu sehen, nur eine dicke, rote Nase ragte nach vorne. Doktor Bär setzte
seine Brille auf,
holte eine Salbe und rieb dem Zwerg die Nase ein. Dann
befahl er ihm drei Tage im Bett liegen zu bleiben. Zwick stöhnte und
stöhnte. "Das soll sie mir büßen, die böse Biene", sagte er.
Als nach drei Tagen seine Schmerzen wieder besser waren, machte er sich auf
den Weg zur Biene. Er sah wie die dicke Biene gerade in ihrem Haus den Tisch
für Besucher deckte. Sie sang dabei ein Lied und freute sich auf ihre
Freunde, die Schmetterlinge, besonders auf den kleinen Schmetterling, denn
er war ihr bester Freund. Zwick erblickte an ihrer Haustüre, dass der
Schlüssel im Schloss steckte. Blitzschnell rannte er hin, sperrte die Türe
ab und schloss die Biene ein. Sie hatte nämlich keine Fenster in ihrem
Bienenhaus, so dass sie nicht mehr herauskommen konnte. Aber die heran
fliegenden Schmetterlinge hatten alles beobachtet und bemühten sich mit
aller Kraft die Haustüre wieder aufzubekommen. Nach langer Arbeit schafften
sie es. Die Biene war so ärgerlich über den Zwerg, dass sie es sofort allen
anderen Bienen erzählte. Und voller Zorn flogen alle Bienen in einem großen
Schwarm zur Hütte der Zwerge und zwangen Zwack den Wald zu verlassen.
Zwick begann zu weinen, denn er liebte seinen Bruder so sehr, dass er zu den
Bienen ging und um Verzeihung bat. "Du bist ein guter Zwerg, Zwick" sagten
die Bienen, "du darfst bei uns bleiben, aber dein Bruder, der Zwack, der
soll gehen". Zwack bemerkte, dass die Bienen es sehr ernst meinten und
begann nun auch zu weinen. Er kniete sich auf den Boden und flehte die
Bienen an ihn nicht zu verjagen. "Ich verspreche euch nie mehr Böses zu tun
und von nun an immer lieb zu allen Tieren des Waldes zu sein. Bitte, bitte
lasst mich hier bei meinem Bruder". Die dicke Biene stellte sich vor Zwick
auf und sagte drohend zu ihm: "Noch einmal wollen wir es mit dir versuchen,
aber wenn du wieder Böses tust, wirst du aus dem Wald verschwinden!"
Zwick und Zwack jubelten so sehr, umarmten sich und tanzten mit ihren
anderen Zwergenfreunden um ihre Hütte.
Tatsächlich hielt Zwick sein Wort. Sooft er den kleinen Schmetterling sah,
rannte er sofort hin und half ihm beim Tragen des Blütenstaubkörbchens,
grüßte alle Tiere freundlich und war zu jedem hilfsbereit. Er tat nie mehr
etwas Böses und lebte mit seinem Bruder noch lange vergnügt und fröhlich in
der kleinen Hütte im Wald. Der kleine Schmetterling fasste wieder Vertrauen
zu Zwick und flog sogar ab und zu an der Hütte vorbei und winkte den beiden Zwergen zu.
Überlieferte Erzählung einer Großmutter.
Quelle:
http://www.wunderbare-enkel.de/tapfere-schmetterling/1104/der-tapfere-kleine-schmetterling
Das kleine Mädchen
Es war einmal ein kleines Mädchen mit blondem Haar und blauen Augen. Jeden
Morgen, wenn es aufwachte, dachte es:“ Ach, wär´ ich doch schon größer, als
ich jetzt bin.“ Dann streckte und reckte sich das kleine Mädchen, weil es
dachte, dadurch würde es größer werden.
Doch es wurde nicht größer, sondern kleiner.
Zuerst merkte dies niemand, denn das kleine Mädchen wurde nur langsam
kleiner. Zuerst hörte es auf zu wachsen. Dieser Zustand dauerte eine
Zeitlang an. Nach einiger Zeit wurden ihm seine Schuhe zu groß. Dann die
Strümpfe, die Kleider und die Pullover. „Was ist das nur!“, sagte die Mutter
verzweifelt. „Was ist das nur!“, sagte auch der Vater, genauso verzweifelt.
Und die Grosseltern, Tanten und Onkel sagten das gleiche.
Die Mutter des kleinen Mädchens brachte das kleine Mädchen zum Arzt. Der
Arzt fragte: “Was ist das nur?“, schüttelte seine ergrautes Haupt und
runzelte sorgenvoll die Stirn. „Ja, wenn sie das nicht wissen...“ meinte die
Mutter des kleinen Mädchens und führte das kleine Mädchen wieder nach Hause.
„Wir müssen kleinere Sachen kaufen.“, sagte der Vater des kleinen Mädchens.
„Ja, wir müssen kleinere Sachen kaufen.“, sagte auch die Mutter des kleinen
Mädchens. „Ich brauche kleinere Sachen!“, rief das kleine Mädchen, und
freute sich.
Sie gingen, und kauften kleinere Sachen. Eine kleine Hose, ein kleines
Kleid, ein kleines Nachthemdchen, kleine Schuhe. „Ich brauche aber auch ein
kleineres Bett und einen kleineren Sessel und einen kleineren Tisch!“, sagte
das kleine Mädchen. „Ja, das brauchst du!“, sprach der Vater. Alle zogen
sich wieder an und gingen zum Tischler.
Der Vater sagte: „Guten Tag, Herr Ebenholz! Wir brauchen kleinere Möbel für
unser kleines Mädchen!“. „Ja, das brauchen wir!“, sagte die Mutter. „Der
Tischlermeister sah stirnrunzelnd das kleine Mädchen an, und meinte: “Ja,
das brauchen sie. “ Das kleine Mädchen sagte jetzt nichts, denn es hatte in
einer Ecke des Geschäftsraumes eine kleine Sitzecke entdeckt: “ Die will ich
!“, rief das kleine Mädchen. „Die will es!“, riefen die Eltern gleichzeitig,
denn die Sitzgarnitur gefiel ihnen auch. „Die wollen sie!“ rief der
Tischlermeister Ebenholz, nahm ein Stück Packpapier, und wickelte die
Sitzecke hinein.
„Geht es so?“, fragte er. „Ja“, sagte der Vater des kleinen Mädchens. „Ja“,
sagte auch die Mutter des kleinen Mädchens und lächelte freundlich. „Komm,
sagte sie zu dem kleinen Mädchen, und wandte sich um. „Komm!“, sagte auch
der Vater des kleinen Mädchens, und wandte sich ebenfalls um. „Ja, wo bist
du denn?“, fragte Tischlermeister Ebenholz, und wandte sich nach allen
Seiten um. Das kleine Mädchen kam nicht. Es war verschwunden.
23.03 , Donnerstag, 14.Oktober 1999
Quelle:
http://members.chello.at/brigitte.zimmermann/bridged/Geschichten/gesch1.htm#2
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